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Sometimes You Die Preview

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Gastbetrag von Philipp Stollenmayer. Sometimes You Die: Ein Spiel, das über sich selbst grübelt. Was macht ein Spiel aus? Ist es die Tatsache, dass man ein Ziel erreichen muss? Dass man unterhalten werden will? „Sometimes You Die“ spielt mit Erwartung und Enttäuschung, Realität und Illusion, und stellt sowohl sich selbst als auch den Spieler konstant infrage. Mein mittlerweile drittes Spiel im App Store wirkt wohl etwas weniger bunt und fröhlich als die ersten beiden, What The Frog und cyro.

Es ist eine Wende um 180 Grad in ein beklemmendes Labyrinth, das mit einer farbarmen Palette im Stil eines Super-8-Films und artifiziellen Stimmung daherkommt. Die Aufgabe scheint es zu sein, in jedem Raum einen schwarzen Würfel von A nach B zu lotsen. Dabei sind manche Hindernisse nur mit dem Kniff des Spiels zu überwinden: Sich in die Klingen zu stürzen.

Von einem Spiel erwartet man, dass sich die Mechanik am echten Leben orientiert. Dinge fallen nach unten, Hindernisse gilt es zu überwinden. Was man von einem Spiel nicht erwartet, ist, dass der Tod Konsequenzen hat. Das orientiert sich so ganz und gar nicht am echten Leben. In Spielen ist der Tod im schlimmsten Fall eine ansteigende Variable, für deren Wert man sich am Ende selbst loben darf.

In diesem Spiel muss man sterben, denn die „Leiche“ des Spielers bleibt am Tatort liegen und dient dem Spieler somit als Treppenstufe, um Hindernisse zu überwinden. So stürzt man sich in den Tod, um Brücken zu bauen oder Gruben zu füllen, manchmal auch sich selbst das Level zuzubauen. Der Tod hat Konsequenzen, was einem der künstliche Erzähler im Hintergrund zu vermitteln versucht.

Das Spiel bezieht seine Inspirationen aus anderen Indie-Games. Die Stimmung orientiert sich an Spielen wie Limbo, dessen schwarz-weiße, stumme Darstellung einen atmosphärischen Meilenstein in der Spielegeschichte darstellt. Die Mechanik erinnert an Spiele wie VVVVVV und das erfolgreichen Pretentious Game, dessen Entwickler übrigens zum Test-Team gezählt hat.

Die Kammern, der monotone Erzähler und die Erzählung an der Wand sind sicherlich auch durch „Portal“ beeinflusst. Kein Geheimnis, dass diese Spiele zu meinen Favoriten gehören. Das macht das Spiel persönlicher, zu einem Statement.

In acht Kapiteln wird der Sinn und Zweck hinterfragt, warum man sich jetzt gerade hinter dem Bildschirm befindet. Das ganze Arsenal, das dem Entwickler gestattet, dem Spieler den Trip zu vermiesen, wird ausgepackt. Er wird verunsichert, verärgert, gelangweilt.

Da wären unbezahlbare In-App-Käufe, Kopfschmerz-Level und unerreichbare Räume. Grund genug, sich zu fragen, ob man das Spiel wirklich durchspielen möchte – wenn das denn überhaupt möglich ist.

Seit mehreren Jahren beobachte ich das Geschehen in App Store und auf dem restlichen Spielemarkt. Dabei ist vor allem die Entwicklung in eine Richtung feststellbar – einfacher, schneller, billiger.

Der App Store hat relativ lange gebraucht, um festzustellen, dass eine Konsolensteuerung auf einem Bildschirm, der etwa so groß ist wie ein Shortbread bei Starbucks, einfach keinen Zweck hat. Es wurden immer weniger Finger zur Steuerung benötigt, bis man sich auf ein neues marktführendes Genre geeinigt hatte, das „One-Touch-Gameplay“.

Es gibt sehr gute, erfolgreiche, immer noch moderne Spiele wie Tiny Wings, das seinen Status als erfolgreichstes Vogel-Flieg-Spiel an Flappy Bird samt Klone abtreten musste, das Tiny Wings die Bequemlichkeit voraushatte, den Bildschirm nicht drehen zu müssen. Das Ergebnis waren arbeitslose Angestellte mit erhöhtem Suchtpotential, die Erwartung, dass alle Spiele umsonst sein müssten, und ein verängstigter Entwickler.

Die Kunden des App Stores hingegen hatten relativ schnell festgestellt, dass sie nichts herunterladen möchten, dass mehr kostet als ein Shortbread bei Starbucks. Für hartes Geld will man auch harte Ware, die Entwicklung war ja auch umsonst. Gestern habe ich eine Rezension gelesen, in der es heißt, und das ist ein Zitat, „die 0,89 Euro sind […] total überzogen. Gratis wäre angebrachter“.

Bald werden die Entwickler die Spieler bezahlen müssen, damit sie ihre Apps herunterladen. So tobt der Preiskrieg in eine Richtung, in der es nur noch kostenlose Spiele mit In-App-Käufen gibt, die den Spieler dabei unterstützen, das Spiel noch schneller und mit noch weniger Anstrengung zu meistern.

Und hier sind wir wieder am Anfang – Was ist der Sinn eines Spieles, wenn nicht die Genugtuung darüber, dass man etwas meistern konnte, das einem der Entwickler mit voller Absicht in den Weg gelegt hat?

Hier setzt Sometimes You Die an. Es soll dazu anregen, sich selbst Gedanken zu machen was Spaß macht, und sich nicht vom App Store vorschreiben zu lassen, Süßigkeiten zum gleichen Preis zu zerbröseln statt zu zerkauen.

Sometimes You Die erscheint am 27. März 2014 für 1,79 Euro für iPhone und iPad.

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